Reparatur Getriebe Wehr Hausen

kachelmann-getriebe-reparatur-wehr-hausen-01.jpg

Artikel aus dem Fränkischen Tag vom 06.10.2021.

Man hört nur das Rauschen der Regnitz, die 5 m in die Tiefe fällt. Etwas weiter oben wird gerade ein Touristenschiff geschleust. Blühende Rapsfelder säumen den Wasserlauf. Wir sind am Wehr Hausen welches der Regnitz auf dem Gebiet der Gemeinde Hausen liegt zusammen mit der Wasserkraftanlage Hausen bilden sie die Regnitz Staustufe Hausen. 500 m unterhalb des Wehres mündet die Regnitz in den Main-Donau-Kanal einem der Hauptwasserstraßen Deutschlands.

Die Wehrstufe in Hausen dient der Abfluss und Stauzielregelung der Regnitz und nimmt so Einfluss auf den Wasserpegel des Main Donaukanals. Die Wasserpegel der einzelnen Schleusen des Main-Donau-Kanals müssen jederzeit fein aufeinander abgestimmt werden.

Gerade bei Starkregen und Hochwasser eine immer wichtiger werdende Aufgabe die eine reibungslose Schifffahrt, aber auch die Stromgewinnung der vielen angrenzenden Wasserkraftwerke ermöglicht.

Über das Wehr in Hausen fahren am Tag 100 te Menschen zur Arbeit. Mit dem Auto oder mit dem Fahrrad. Am Wochenende kommen dann die Ausflügler, die die wunderschöne Gegend zw. Haussen und Forchheim erkunden.

Das dies alles auch in den zurückliegenden Monaten möglich war ist einer Firma aus dem Bamberger Umland zu verdanken – der Kachelmann Getriebe GmbH aus Strullendorf.

Was war passiert:
3 Wehrverschlüsse mit je 22 m Breite regulieren die Regnitz an dieser Stelle. Jedes der Tore wiegt 35 Tonnen. Die Regnitz bringt aus dem Einzugsgebiet viel Geschiebe mit, wie es im Fachjargon heißt also Sand, Holz und Äste vorwiegend. Da das Wehr Hausen nur alle 30-40 Jahre voll geöffnet ist, lagert sich das Geschiebe größtenteils im Oberwasser des Wehres ab. Herr Blömer, Leiter des Außenbezirks Neuses und Anlagenverantwortlicher beschreibt die Situation wie folgt:

"Nach Stürmen und Hochwasser hatte sich im Mai 2021 so viel Geschiebe angesammelt das der rechte Wehrverschluss weder geöffnet noch geschlossen werden. Der komplette Antrieb war durch Überlastung beschädigt worden. Zunächst und kurzfristig ist das noch kein großes Drama f. ein Wehr – es gibt ja noch 2 weitere Verschlüsse. Langfristig aber fehlt dieses Tor, um die Fliessgeschwindigkeit und Pegel der Regnitz zu regulieren und es fehlt das Wasser f. das angeschlossen Flusskraftwerk, das von der UNIPER Gruppe betrieben wird."

Mit der Fa. Kachelmann Getriebe fand das Wasser und Schifffahrtsamt (WSA) Nürnberg schnell den richtigen Partner, man kannte sich aus vorangegangenen Projekten an den Schleusen des Main-Donau-Kanals.

Die räumliche Nähe des Spezialisten f. Getriebe bis 20 t mit dem Werk in Strullendorf bei Bamberg war ein zusätzlicher Vorteil.
Der entscheidende Punkt war aber das die Reparatur des Antriebes und des Wehrtores bei laufendem Verkehr stattfinden konnte.
Eine Vollsperrung der Straße, gerade im Sommer wo es alle nach draußen zieht nach den Corona lockdowns und die Menschen nach dem Homeoffice wieder in die Unternehmen durften, wäre schwierig gewesen.

Klar war das nicht von Anfang an. Warum?

Die gesamte Anlage zum Heben und Senken des Tors befindet sich in Maschinenhäusern, ca. 5 m unter der Straße.
Zu erreichen nur über eine schmale Luke und senkrechte Leitersysteme. Die ca. 5 Meter lange Gewindestange, die von dem defekten Getriebe angetrieben wird und über eine Gewindemutter das Wehrtor hebt und senkt müsste eigentlich komplett demontiert werden.
Das Getriebe selbst wiegt 650 kg und ist als Kegelstirnradgetriebe ausgeführt, ein Getriebelösung die insbesondere dann zum Einsatz kommt, wenn hohe Kräfte übertragen werden.

Die Techniker der Firma Kachelmann fanden in enger Zusammenarbeit mit dem Team des Fachbereichs W, Maschinenwesen des WSA Nürnberg eine Lösung.

"Wir mussten uns sehr gut abstimmen, denn auch die Elektrik wurde bei der Gelegenheit gleich mit überprüft und instandgesetzt, da freut man sich schon sehr, wenn der Projektpartner seine Termine einhält wie die Fa. Kachelmann" so Herr Pioch, Elektromeister vom Bauhof in Nürnberg und verantwortliche Elektrofachkraft für die Maßnahme.

Durch Sonderkonstruktionen im Inneren des Maschinenhauses wurde die schwebend gelagerte Antriebseinheit so fixiert das eine Demontage der defekten Zahnräder und Lager möglich war. Das Wasser der Regnitz wurde durch das Anbringen von schweren Spundwänden an dem Wehr gestaut und das komplette Wehrtor wurde so zugänglich gemacht.

In dem 2x 5 m großen Maschinenraum arbeiteten zeitweise 4 Monteure des Getriebespezialisten aus Strullendorf an dem Wehrantrieb aus den 60 er Jahren.

"Da muss man seinen Kollegen vertrauen können, jeder Handgriff muss sitzen
wenn Sie unter einem 650 kg schweren Getriebe arbeiten, noch dazu auf so engem Raum," so der Montagemeister Erwin Dorsch "und wenn Sie wissen das über Ihnen eine stark befahrene Straße und im Prinzip überall daneben Wasser ist – das macht so einen Einsatzort schon sehr speziell." ergänzt er.

Letzte Woche war die Endabnahme durch den Projektleiter des WSA Herrn Lastowsky.

"Der Antrieb schnurrt wie ein Kätzchen und ist wieder in einem Top Zustand. Alle 3 Wehrfelder sind wieder voll funktionsfähig, was gerade mit Hinblick auf die Herbst- und Wintersaison für uns enorm wichtig ist."
"Die Kombination unseres Getriebebauwissen und hoher technischer Kompetenz auf Seiten des Kunden wie bei dem Projekt Hausen ist der Idealfall – so macht Maschinenbau Spaß" ergänzt der Konstruktionsleiter der Firma Kachelmann Getriebe Rainer Husli.

Doch das ist nicht das einzige Wasserkraftprojekt an dem das Team von Kachelmann derzeit arbeitet. 5 Turbinengetriebe eines Wasserkraftwerkes aus dem Kreis Ahrtal die komplett überschwemmt wurde warten ebenfalls auf erste Hilfe durch den Sondergetriebehersteller aus Strullendorf. Diesmal aber vor Ort im Werk.

kachelmann-getriebe-logo-130-jahre.svg